Selbstbestimmungsgesetz

Offener Brief an den Generalsekrtär der SPD und Mitglied des deutschen Bundestages am 7. November 2023

Sehr geehrter Herr Kevin Kühnert !

Durch Zufall habe ich gelesen, dass sie einen männlichen Partner haben. Das freut mich, da ich mich seit 1974 (seit dem ersten „Lesbenfrühlingstreffen“ in Berlin, damals noch Lesbenpfingsstreffen genannt, da es an Pfingsten stattfindet, organisiert vom LAZ, dem Lesbischen Aktionszentrum) für das Sichtbarmachen und die Akzeptanz von Lesben engagiert habe, seit 1985 in Dänemark, wo ich – die Lesbenbewegung hatte sich inzwischen privatisiert –  in der Schwul-Lesbischen Organisation LBL – heute LGBT – mitgearbeitet habe, bei deren Publikation und deren Filmfestival – das immer noch als Mix-festival existiert und heute sehr umfangreich ist. Das schwule Paar Axel und Eigil Axgil, das als erstes homosexuelles Paar in der Welt „geheiratet“ hat (damals war es nur eine Registrierung) habe ich persönlich gekannt und ich war dabei, als sie aus dem Kopenhagener Rathaus gekommen und mit Sekt empfangen worden sind, den eine Freundin von mir geöffnet hat.

 

Heute erlebe ich die Nachfolgeorganisation von LBL, LGBT, als frauen- und lesbenfeindlich. Natürlich gibt es viele, besonders junge Lesben, die – in Mangel von Frauenorten überall – in dieser Organisation mitarbeiten. Und selbst den Lesbenring haben sie unterwandert.

1974 hatte sich das LAZ in Berlin, in aller Freundschaft, von den schwulen Männern der HAW getrennt, weil Lesben erkannt hatten, dass wir in anderer Weise als schwule Männer unterdrückt und benachteiligt werden, nämlich wie heterosexuelle Frauen auch, während Männer eher verfolgt werden, weil sie keine „richtigen“ Männer seien und die Privilegien von Männern, als harte Jungs zu anerkannt zu werden, nicht interessiert. Während Schwule allerdings wie andere Männer auch, leichter Karriere machen können, und oft andre Haltungen zu Pornographie, Prostitution und heute Leihmutterschaft haben.

Ich weiß nicht, wo Sie persönlich da stehen. Ich finde Liebesdienste gegen Geld, die den Körper betreffen, schädlich für die Psyche und das Wohlbefinden von Frauen, auch wenn es einzelne Frauen geben mag, denen das zunächst gefällt.

 

Hier möchte ich aber ein paar Worte zum Selbstbestimmungsgesetz sagen, dass wohl in der Warteschleife liegt und früher oder später durchgesetzt werden soll.

Auch wenn Alice Schwarzer und Alice Weidel ähnliche Positionen zu diesem Gesetz zu haben scheinen. Kritik an diesem Gesetz, wie es bisher vorgelegt werden soll, ist nicht rechts, Frau Weidel ist rechts. Frau Schwarzer ist es nicht.

Rechte Homosexuellen oder Transpersonen wünscht die sogenannte toxische Männlichkeit, und dienende Frauen. – Natürlich grob verallgemeinernd und Frau Weidel persönlich sicher auch nicht.
Feministische Analyse, die sich weitgehend an linke Analyse anlehnt, begrüßt es, wenn Männer sich „wie Frauen“ verhalten und Frauen es wagen, sich die Privilegien von Männern zu nehmen.

Wenn sie sich die Geschichte der Frauenbewegung seit ca.1971 ansehen, werden sie erkennen, dass vor allem feministische Kämpfe diese Bewegung stark gemacht haben, wo sie etwas mit dem Körper von Frauen zu tun hatten. Die Frauenbewegung hat sich am Abtreibungsverbot entzündet und ist damals als Bewegung explodiert. Es hat riesige Demonstrationen – ich erinnere selbst eine in Frankfurt – gegeben, in der Frauen gegen die Gewalt auf der Straße demonstriert haben. Gegen körperliche Gewalt und Vergewaltigung. Das sind Themen die alles mit dem Körper zu tun haben. (Wo Männer manchmal entgegenhalten, dass Frauen psychische Gewalt ausüben. Tun sie oft auch, und das ist auch schlimm, aber nicht zu vergleichen.)

Frauen haben einfach nicht den Körper vergewaltigen zu können. Es wird zwar immer behauptet, aber ich möchte gerne wissen, wie das gehen soll. Es gibt auch Gewalt von Frauen an Frauen – wenn auch in einem relativ weit geringerem Ausmaß, aber das ist nicht das, was die Vergewaltigungsangst von Frauen, mit der wir leben – und die sicher weit verbreiteter ist als der sogenannte Penisneid – ausmacht.

Wenn eine Gruppe von Frauen an einem Tisch sitzt und es sich gemütlich gemacht hat und ein Mann tritt ein, richten sich alle Blicke auf ihn und wenn er fremd ist, wird er typisch sofort einbezogen – man will ihn testen und befrieden, während er sicher glaubt, er sei interessant. Wenn eine weitere Frau eintritt, fällt das typisch kaum auf und sie wird eher ignoriert. Heute noch. Frauen haben das so Krokodilgehirnreaktionen.

 

Wir sind wachsam. Jederzeit. Immer, überall. Auch wenn nicht alle Frauen persönliche Gewalt oder grobe Übergriffe erfahren haben. Kleine Übergriffe haben alle erfahren. Und alle sehen Filme, in denen es nichts anderes als Gewalt gegen Frauen zu geben scheint.

Viele Transfrauen fallen überhaupt nicht als solche auf. Ich habe selbst 20 Jahren lang an einem Sommercamp teilgenommen, wo eine Transfrau für den Fitnessteil verantwortlich war, ohne auch nur eine Sekunde daran zu denken, ob sie eine Transfrau ist. Aber bei diesen heißen Debatten, die es zur Zeit gibt, fällt es mir plötzlich auf, und ich verstehe, warum wir sie manchmal ein wenig belächelt haben und – das war nicht nett, aber um es zu verdeutlichen und war trotz allem liebevoll gemeint: „ all balls, no brain“ gesagt haben, wenn wir ihre Aktivitäten etwas übertrieben fanden  (ohne eben überhaupt zu erwägen, ob sie eine Transfrau ist).

 

Die Transfrauen, die absolut nicht als solche auffallen, kenne ich ja nicht. Aber im Moment erkenne ich viele Transfrauen im öffentlichen Raum, die sehr, sehr deutlich als solche erkennbar sind. Manche geben sich leider, es tut mir leid, recht lächerlich. Das sei ihnen gegönnt. Aber man muss nicht alle Menschen lieben. Es Gibt viele Möglichkeiten sein Äußeres zu gestalten, die ich wohl nicht alle lieben muss, oder? Ich bin auch kein Fan von Supermodels.

 

LGBT behauptet immer, dass Transfrauen in öffentlichen und halböffentlichen Frauenräumen keine Gefahr darstellen. Ich bin sicher, dass sie damit Recht haben.

Aber was ist mir der permanenten Angst von Frauen, mit der wir uns ummanteln, wenn wir auch nur auf die Straße gehen, wenn wir auch in geschlossenen, sicheren Frauenräumen fühlen, immer auf der Hut sein zu müssen, ob die eine Frau, die hereinkommt – vielleicht –ein verkleideter Mann sein könnte, und ob sie harmlos ist, oder ob sie uns auch nur mit Blicken belästigt, wie wir es von Männern kennen. Einen Menschen, bei dem wir fühlen, ihn im Augenwinkel behalten zu müssen.
Ist ihre Selbstverwirklichung wichtiger als unser Bedürfnis uns in Ruhe zu entspannen? Was ist mit dem Selbstbestimmungsrecht von Frauen?
Und wenn sie nicht als Frau erkennbar ist, darum geht es ja, wieso sollte sie in Männerräumen belästigt werden?

 

Als es noch sehr schwer war die Geschlechtsidentität juridisch zu wechseln, waren Transfrauen in geschützten Räumen natürlich kein Problem. Es gab ja kaum eine. Ich bin keiner begegnet oder ihre Transition war eben so fortgeschritten, dass man sie einfach als Frau gelesen hat. Und dann ist es ja wohl ziemlich egal, oder?

 

Ein Gesetz, bei dem JEDER Mann einfach so auf dem Standesamt alle juridischen Rechte von Frauen erhalten kann, weil er behauptet, und oft sicher auch selbst glaubt, zu fühlen, eine Frau zu sein ist so absurd wie das Märchen von des Kaisers neuen Kleidern.

Ich war praktisch eine der ersten, die dafür argumentiert hat Transfrauen in Frauenräumen zu inkludieren. – Alice Schwarzer übrigens auch. Aber das ist eine andere Geschichte – Aber so geht das nicht.

So verachtet das Recht der biologischen Männer das Recht der biologischen Frauen auf Selbstbestimmung!
Das ist Patriarchat. Queerfeminismus ist ein Feminismus, der den Männern gefällt.

Und das ist nur ein – und nicht mal der wichtigste – Aspekt, bei dem das Gesetz, das die Regierung voran zu treiben versucht, viel Schaden anrichten wird, bis es – vielleicht – als der größte Irrweg dieser Regierung als Lachnummer und Skandal in die Geschichte eingehen wird.

 

Transpersonen müssen Liebe und Schutz erfahren und ihnen muss geholfen werden. Aber nicht so! Dieses Gesetz schadet den – sehr wenigen – Menschen, die wirklich betroffen sind.

Manchmal verläuft sich die Schwulenlobby. Die Propaganda von Pädophilie in den 80er Jahren, von der auch heute prominente grüne Politiker erfasst wurden, die das nachgeplappert haben, ist ein anderes Beispiel.

 

Ich mag auch Männer. Manche sehr. Zwei Schwule sind meine besten Freunde. Aber sie sollten erkennen, dass sie Männer sind und die Welt mit Augen von Menschen sehen, die in einem männlichen Körper leben.
Dass es Menschen gibt, die diesen Körper ablehnen und lieber Selbstmord begehen, anstatt sich mit diesem Körper zu arrangieren, bedeutet noch lange nicht, dass sie Frauen SIND. Sie sind erst mal Menschen, die nicht mit ihrem Körper klarkommen. (Tja, und welche Frau kommt mir ihrem Körper klar? Ich nicht. Ich wollte auch unbedingt ein Junge werden als kleines Mädchen. Aber habe eingesehen, dass ich nie einen funktionierenden Penis bekommen würde und schonmal gar nicht Vater werden, was eine der Attraktionen gewesen wäre für mich als kleines Kind. Ein geliebter Vater zu werden, den alle bewundern und der im Haushalt keinen Finger rühren muss und bedient wird. Später, als ich auf andere Lesben getroffen bin, war ich froh einen Frauenkörper zu haben.)

 

Die Transbewegung redet von Anerkennung von Selbstbezeichnungen. Es gilt als Hass, wenn man der nicht folgt.

Hasse ich wirklich einen Menschen, wenn ich sehe und ausspreche, du ähnelst einer Frau, weil du Frauenkleider anhast – das ist ja eigentlich „gender“ und nicht „sex“ – Ich nenne dich auch gerne Frau, wenn du das magst, aber du hast einen Männerkörper.
(Manche behaupten sogar, und sie meinen es ernst, ein Penis könne ein „lesbisches Organ sein“.  Tut mir leid, finde ich nicht.)

Ist eine solche Feststellung wirklich Hass?

Wahrscheinlich nur, wenn man die Dogmen der Transbewegung als Wahrheiten anerkennen muss.
Und hier wird es wichtig, denn es sind diese Dogmen, die uns diese Bewegung aufzwingen will, wenn sie darauf besteht, dass wir die Welt nach den Wünschen von biologischen Männern, sie sich als Frauen sehen, organisieren.

Das Dogma lautet: Der Begriff „biologisches Geschlecht“ ist diffamierend, weil das Geschlecht nicht biologisch bestimmbar ist.
Menschen wird bei der Geburt nur ein Geschlecht zugeteilt, wenn man sich am Körper orientiert, sein wahres Geschlecht erkennt der Mensch erst später als männlich, weiblich, nonbinär oder was auch immer.

Transpersonen sind das Geschlecht, das sie erkannt haben zu sein. Sie wollen z.B. nicht Frau werden. Sie sind es. Unabhängig vom Körper.

(Glauben sie mir, das erfinde ich nicht. Ich habe den Dialog gesucht und bin auf Entsetzen gestoßen, dass ich den Begriff „biologisches Geschlecht“ in den Raum gestellt habe. Es ging um die Kampagnen gegen J.K. Rowling, die ich versucht habe zu verteidigen, das sie Transfrauen in der Tat auch gar nicht ablehnt.)

 

Dieses Dogma hat viele Konsequenzen. Im Gesundheitssystem, wo z.B. der Begriff Mutter zuliebe von wenigen gebärenden Transmännern zu „Geburt gebenden“ eliminiert wird, – an dem Begriff Mutter hängt so viel, aber da soll nur noch technisch beschrieben werden, – im Sport, wo Menschen mit starkem, entwickeltem Männerkörper plötzlich mit Frauen konkurrieren und Goldmedaillen gewinnen, was schon passiert, z.B, bei Schwimmerinnen, und nicht zuletzt in der Schönheitschirurgie, wo Mädchen, die ihre Sexualität oft noch gar nicht kennen gelernt haben, plötzlich mit Nachdruck verlangen, ihren Körper um zu operieren.
(Eine Transfrau hat sogar schon eine Misswahl gewonnen. Im Kindergarten werden die männlichen Pädagogen typisch Chef, bei der Misswahl zeigt sich, dass Transfrauen die schönsten Frauen sind.)

ÄrztInnen in Dänemark und Schweden, die eigentlich zunächst engagiert angetreten waren, Transsexuellen zu helfen und selbst der Meinung sein können, dass Geschlecht „ein Gefühl“ sei, warnen inzwischen, dass es nicht sein kann, dass die sprunghaft angestiegene Anzahl von Mädchen, die lieber ein Junge sein wollen, wirklich auf Transsexualität hindeutet. Alice Schwarzer war eine der ersten, die gewarnt hat. In Schweden hat man die Vergabe von Pubertätsblockern ganz eingestellt. In Deutschland soll sie wohl auch nicht kommen.
Aber wenn ein Mädchen erst mal als Junge „diagnostiziert“ ist, kann es sich auch auf dem schwarzen Markt Testosteron verschaffen.

Wieviele De-Transfrauen – ich kenne selbst welche, sind zuviel? Und wieviel sind einfach ein Kollateralschaden? Ich habe andere merkwürdige Jugendbewegungen erlebt. Diese ist gefährlicher für eine Vielzahl Mädchen als was ich je gesehen habe.

Feministinnen sagen nichts weiter als: das Geschlecht ist biologisch definiert! Diese Behauptung ist eine Erkenntnis und nicht „rechts“.
Ich weiß, dass ich eine Frau bin, weil ich von klein an davor Angst hatte Kinder zu bekommen, vergewaltigt zu werden, eventuelle nicht abtreiben zu dürfen und nie Vater werden konnte.
Ich weiß wie ich mich als Frau, die immer noch manchmal fühlt ein Mann sein zu wollen, fühlt.
Aber ich maße mir doch nicht an fühlen zu können, wie sich ein Mann fühlt.

Männer dürfen wegen mir sehr gerne in die Rolle von Frauen schlüpfen und sich so stereotyp „weiblich“ benehmen, wie ich mich als die Frau die ich es bin, nie benehmen würde. Und wenn sie ernsthaft für meine Kultur interessieren, integriere ich sie auch gerne in meinen Kreisen.

Aber dass jeder Mann mir jetzt erklären können soll, wie sich eine Frau fühlt und das Recht hat Räume zu betreten, in denen ich meine Ruhe haben will, ist mehr als Mansplaining.
Das ist – als Ideologie – Patriarchat 2.0

Anstatt schulterzuckend zuzugucken, wie ein Böhmermann, der bekannt für seine hämischen und fern jeder Sachlichkeit gefundenen gemeinen Diffamierungen ist, eine Alice Schwarzer einfach so als turd (Scheisshaufen) bezeichnet, sollte die Familienministerin sich vielleicht mal damit auseinandersetzen, was Schwarzer und Louis eigentlich über Transsexualität schreiben.

 

Die Sachverhalte sind nicht so einfach wie ein radikaler und von jeglichen Argumenten unbeeindruckter Svend Lehmann sie machen will.

Mit freundlichen Grüßen
und in der Hoffnung sie ein klein wenig erreicht zu haben

Ulla Weber, Kulturantropologin und M.Sc. in IT., Tischlerin, Architekturberaterin und Webdesignerin
Alte Frau und Feministin seit genau 50 Jahren.
Sich selbst erkannte und offene Lesbe seit 60 Jahren.